5 Jahre Herbst | Angela #Merkel - Profile einer Kanzlerschaft | #Titanic #S21 www.Krieg.Co

RT @stoltenberg: Georg Schramm: »Merkel und Mappus sind nicht das Böse, dazu sind sie zu klein. sie sind höchstens Mitesser des Bösen....

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Die Aufsteigerin

Ihr Vater will lieber eine Tochter, ihre Schulkameraden jemanden, der nicht immer beim Verstecken gewinnt, und als sie Bundesumweltministerin wird, schlägt die Natur mit Katastrophen zurück (Jahrhundertflut an der Oder, Ölpest in der Nordsee-Pipeline, Smog-alarm im Kanzlerklo). Doch Angela Merkel geht stets ihren Weg: vom Mauerblümchen zur Einheitshecke, von der FDJ zur CDU, von der Kohlentsorgung zur Kanzlerkandidatur.
Alle Hindernisse umstolpert sie gelassen: Als im Wahlkampf ihr Schattenwirtschaftler Paul Kirchhof erklärt, daß menschliches Leid ihn wuschig mache und er flächendeckend Kindern den Kakao versalzen wolle, muß sich Merkel distanzieren. Doch ansonsten läßt sich die scharfsinnige Physikerin kein Gammaneutron für ein Grammophon vormachen, weiß, wie man zwei plus zwei dividiert und lernt schnell aus Fehlern. In diesem Fall, daß sie recht hat, egal was die anderen sagen, und es immer einen Trottel gibt, neben dem sie vernünftig wirkt.

Die Siegerin

Am 22. November 2005 wird Angela Merkel vom 16. Bundestag unauffällig zur Kanzlerin gewählt. »Beschränkt regierungsfähig – lange wird sie es nicht machen«, schreibt der Spiegel, Josef Joffe in der Zeit: »In der Wahlperiode war sie nichts weiter als eine unbedeutende Zwischenblutung, jetzt regelt Alexandra Merkel die Regierungsgeschäfte. Ich werde mir jedenfalls nicht die Mühe machen, mir ihren Namen zu merken.« Die FAZ meldet: »Irgend jemand Neues im Kanzleramt«, und die SZ: »Brotpreise in Tadschikistan stabil«. Dabei ist Angela Merkel ein multiprimäres Politphänomen: die erste Kanzlerin, die jüngste, die erste Naturwissenschaftlerin, die erste Nichtalkoholikerin seit Gerhard Schröder.

Zwei Monate zuvor hatte sie am Wahlabend in der sogenannten Rüsselrunde ihren Mann gestanden: Tapfer lächelte sie die unangenehme Atmosphäre weg, als Nochkanzler Schröder sie etwas ungalant als »superhäßliche Vollschabracke, bei deren Anblick man sich Augenkrebs wünscht« bezeichnet und nicht glauben will, daß »das Kapital solch eine Valiumstute ans Ruder läßt«. Doch es läßt – und den Schröder unauffällig verschwinden (Rußland). Als erste Amtshandlung beseitigt Merkel die letzten Reste des Schröderschen Wirkens, montiert das abgenutzte Pissoir neben dem Schnapsschrank im Kanzlerbüro ab und kauft neue Gardinen in ihrer Lieblingsfarbe (Herbst). Sie gilt fortan als erholsam unspektakulär.

Die Machtmaschine

Wirkt Merkel äußerlich wie ein angefahrenes Reh, so ist sie doch robust wie ein abgenutztes Muli. Als erster bekommt das Edmund Stoiber zu spüren: Als er sein Konzept für das Wirtschaftsministerium vorstellt, verhaspelt er sich derart, daß er aus Versehen seinen Rückzug erklärt. Merkel läßt Stoiber nach einer taktischen Pause in den Brüssel-Gulag verbannen. Niemand hört danach noch etwas von ihm. Er bleibt nicht der einzige: Die Liste ihrer Opfer ist langweilig und liest sich wie das Who's who again der deutschen Politelite – ganz oben steht dieser eine SPD-Minister oder Fraktionschef.
Merkels Führungsstil erweist sich als eigentümlich effizient: Sie ist penetrant zurückhaltend, radikal unaufgeregt, beeindruckend unbeeindruckt und kompromißlos pragmatisch. Das Forbes Magazine erklärt sie mehrfach zur mächtigsten Frau der Welt, Time zum »Oxymoron of the Year«. In Deutschland wird die »feminine Onkelhaftigkeit der Volkstante« zum geflügelten Wort.

Die Krisenmeisterin

Ob Ministerpräsidenten reihenweise flüchten, die internationalen Finanzmärkte einbrechen oder Wolfgang Schäuble in einer Marathonsitzung die Wundsalbe ausgeht – Angela Merkels Reaktion ist immer gleich: erst mal ein Nickerchen, dann nachsehen, ob noch was getan werden muß, eventuell irgend etwas tun. Krisen sind für Angela Merkel pure Lebenslust: Ihr Lieblingsland ist Nahost, ihre Lieblingsblume die Krisantheme, ihre Lieblingskrise das Klima. Um das prickelnde Klimakrisengefühl möglichst intensiv auszukosten, entwickelt sie eine ausgeklügelte Strategie: Sie gibt alles dafür, von der Presse als »Klimakanzlerin« bezeichnet zu werden, und veranlaßt nichts, um die Krise zu bekämpfen. Ihr Meisterstück ist aber die Regierungsbildung mit der FDP. In den Koalitionsverhandlungen setzt sie »Krisensicherheit« als Leitmotiv durch und wird von ihrem Kabinett reichlich entlohnt: Allein Guido Westerwelle erscheint als professionelles Krisenmodell auf mehr als hundert Covern.

Die Repräsentantin

Der Welt präsentiert sich Merkel gerne auch mal neckisch: Während der WM 2006 ersetzt sie spontan den Zottel-Löwen Goleo und tanzt fortan bei jedem wichtigen Fußballspiel für die Massen, bei einem G8-Gipfel begrapscht sie mit ihrem Nacken kokett George Bushs Hände. Bei solchen Gelegenheiten trägt sie auch mal einen hellmatten Herbstblouson und schminkt sich die Lippen zutage.
Doch sind das nur Spiele für die Kameras. In Wirklichkeit ist Angela Merkel das, was ihr Land und ihre Bürger verdienen: ein robustes Herbstzeitgebilde, Sinnbild für unaufhaltsames Dahinwelken. Ihre Lefzen fallen wie das Laub, ihr Haar gleicht entkleidetem Gestrüpp, ihre Gesichtszüge sind gesättigt von der Anmut der Verwesung. Angela Merkel ist eine Frau, mit der man sich bei einer Runde Rotwein und Scrabble nicht allzu sehr langweilen dürfte, mit der man sich auf jeder Beerdigung blicken lassen kann. Sie regiert dieses Land, weil sie ein kleines bißchen weniger wahnsinnig ist als der Rest derer, die das wollen. Daß sie dies seit bereits fünf Jahren darf, sagt mehr über die Regierten als über sie selbst.

Merkels Kanzlerschaft im Schnellvergleich


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Fazit: Merkel ist nicht ganz so gut wie Hitler, aber wesentlich besser als Schröder.




Tim Wolff
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